Andromeda, 2012, Öl auf Leinwand, 200 x 150cm

Rosina Kuhn

“Venezianische Himmel”

9. – 22. Mai 2014

Vernissage: Donnerstag, 8.5.14, 18 – 21 Uhr
Um 19 Uhr Einführung von Paul Tanner, Leiter der Graphischen Sammlung der ETH
Finissage: Donnerstag, 22.5.14, 18 – 20 Uhr

Öffnungszeiten: Do und Fr: 14 bis 19 Uhr, Samstag: 12 bis 18 Uhr
Oder nach telefonischer Vereinbarung: +41 79 756 81 82

Location: c/o Galerie le sud
Bachstrasse 9, 1. Stock, 8038 Zürich

Bus 161 und 165 ab Bürkliplatz bis „Rote Fabrik“
Mythenquai zurück Richtung City bis Bachstrasse auf rechter Seite


Die Galerie Burgerstocker freut sich, eine Ausstellung mit Arbeiten von Rosina Kuhn präsentieren zu dürfen.

„Rosina Kuhn und Tiepolo: eine auf den ersten Blick überraschende Kombination. Und vielleicht auch auf den zweiten, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Als die Künstlerin sich 2011 mit einem Atelierstipendium das Palazzo Castelforte für 6 Monate in Venedig aufhielt, war klar, dass sie sich nicht nur mit der venezianischen Gegenwart, sondern auch mit der einzigartigen künstlerischen Vergangenheit der Lagunenstadt auseinandersetzen würde. Doch hätte man erwartet, dass sich Rosina besonders von der kraftvollen, sinnlichen, körperbetonten und farbenprächtigen des venezianischen Cinquecento, von Künstlern wie Tizian, Tintoretto oder Veronese angezogen fühlen würde. Stattdessen wählte sie als Partner eines malerischen Dialogs über die Jahrhunderte Giambattista Tiepolo (1696 – 1770), den letzten grossen Vertreter der venezianischen, ja der italienischen Malereitradition der frühen Neuzeit.
(…)
Nun ist schon diese intensive Auseinandersetzung mit der älteren Kunst etwas Neues im Werk von Rosina Kuhn. Zwar hat sie sich von Anfang an für die Malerei aller Zeiten begeistert, immer wieder Inspiration in der Tradition gesucht und gefunden. Am Anfang ihrer Beschäftigung mit der Porträtmalerei stand die Begegnung mit Balthus, dessen Bild Kathia lisant sie in einer eigenen Fassung kopierte; später, 1990, schuf sie drei ganzfigurige Porträts als Hommage an Balthus. Doch systematische Variationen über Arbeiten aus der älteren Kunst, wie wir sie beispielswiese aus dem Werk von Picasso oder Lichtenstein kennen, waren bisher nicht entstanden. Rosinas Malerei war zu sehr im Leben, das sie umgab, verwurzelt und ihr Freiheitsdrang zu gross, als dass sie Zeit und Interesse gehabt hätte, sich der Welt durch die Brille eines anderen Künstlers zu nähern; eine autoreferentielle Kunst, die ihre eigene Geschichte reflektiert, lag ihr nicht.

An Balthus faszinierte Rosina Kuhn neben den rein malerisch-formalen Qualitäten das Verhältnis zwischen Figur und Bildraum und die psychologische Dimension; es war also folgerichtig, dass er bei ihrer Hinwendung zur Porträtmalerei zu einer künstlerischen Referenz wurde. Umso erstaunlicher ist unter diesem Gesichtspunkt die Beschäftigung mit Tiepolos Gewölbedekorationen, die den Betrachter kaum durch ihren emotionalen Gehalt fesseln: Es handelt sich um eindrucksvoll orchestrierte Allegorien und Heiligenvisionen, die den letzten Höhepunkt einer spezifisch barocken Bildrhetorik markieren, kurz bevor dieses Genre durch den Geschmackswandel im Zuge von Aufklärung und Klassizismus in Verruf geriet und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein allgemein als hohler Pomp abgetan wurde. Die geistige Distanz zu Rosinas Erd- und menschenverbundener, leidenschaftlicher, vor allem aber antirhetorischer Kunst könnte kaum grösser sein.
(…)
Ein Vergleich zwischen Tiepolos Original und dem, was die Künstlerin daraus macht, zeigt jedoch rasch: Es geht Rosina nicht um den Inhalt, sondern um die Malerei, um ihre Malerei. Tatsächlich sind die figürlichen Motive des Venezianers in ihren Bildern kaum wiederzuerkennen: Die Madonnen, Heiligen, Engel, Götterfiguren, Tugendpersonifikationen und übrigen Akteure, die Tiepolos Himmelsvisionen bevölkern, sind weitgehend in abstrakte Farbflecken verwandelt, verlieren ihre klaren Konturen, verschmelzen miteinander und mit den Wolkenformationen und architektonischen Motiven, die das Oben und Unten des Bildraums definieren.
(…)
Doch die Zersetzung ist keineswegs total; vielmehr leben die Venezianischen Himmel von der Spannung zwischen Abstraktion und Figuration. Immer wieder heben sich einzelne Figuren – meist solche die in der Bildstruktur der Vorlage eine zentrale Rolle einnehmen – deutlicher aus dem Farbgefüge hinaus, sind als Lebewesen wenn nicht zu erkennen, so doch zumindest zu erahnen und geben so eine Andeutung dramatischen Geschehens.
(…)
Die Venezianischen Himmel sind also keineswegs ein Fremdkörper, ein Ausreisser im Werk Rosina Kuhns, sondern eine konsequente Fortsetzung ihres künstlerischen Wegs, den sie seit über einem halben Jahrhundert mit beeindruckender Kompromisslosigkeit geht, ohne Rücksichtslosigkeit geht, ohne Rücksicht auf die wechselnden Moden, einzig ihrer eigenen künstlerischen Richtschnur, folgend: die Welt zum Thema ihrer Malerei zu machen – und die Malerei zu ihrer Welt.“

Aus dem Vorwort von Samuel Vitalis Text „Die Welt als Farbwolke: Zu den Venezianischen Himmeln von Rosina Kuhn“

rosinakuhn.com

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